Mein Texter-Honorar ist verhandelbar, also nur ein Vorschlag? Oder nicht? Bei Handwerkern oder Ladenpreisen ist es eher unüblich, den genannten Preis infrage zu stellen. Bei freiberuflichen Kreativleistungen wie Text oder Grafik hingegen habe ich den Eindruck, dass es mitunter wie auf dem Flohmarkt oder Basar zugeht. Geht es auch ein bisschen billiger? Ist dies ihr letzter Preis? Vermehrt höre ich in letzter Zeit solche Fragen, nachdem ich ein Angebot erstellt habe. Bin ich tatsächlich zu teuer?
Gehts auch ein bisschen billiger?
Bei uns allen sitzt das Geld nicht mehr so locker. Dennoch haben gewisse Dinge ihren Preis – und zwar nicht ohne Grund. Eine hochwertige Designer-Handtasche kostet mehr als ein Plastik-Fake aus China. Ein Bad mit frei stehender Badewanne und italienischen Marmorfliesen sind teurer als eine Standardausstattung. Ein erfahrener freiberuflicher Texter kostet mehr als schlechter Billigcontent einer Texterbörse. Zu diesem Thema hatte ich bereits mehrfach laut nachgedacht, so wie in >> diesem Beitrag. Speist der Agenturinhaber mittags beim Premium-Italiener seines Vertrauens, kostet ihn das mehr als ein Döner. Dies weiß er und stellt es kaum infrage. Aber mein Texter-Honorar ist verhandelbar und nur ein Versuch, möglichst viel herauszuschlagen? Das ist absurd.
Qualität anfragen und Schnäppchen erwarten?
In der Regel betreibe ich keine Kaltakquise, sondern potenzielle Kunden fragen mich an. Gelegentlich bewerbe ich mich auch auf Ausschreibungen. Dies geschieht dann meist über eine spezielle Freelancerbörse oder LinkedIn. Menschen kommen also auf mich zu, weil sie Bedarf an qualifiziertem Textcontent haben. Früher führte dies überwiegend recht unkompliziert zu einer Auftragserteilung. Mit meinem Honorar liege ich eher im Mittelfeld dessen, was Texter mit meiner Erfahrung und Expertise erwarten. Mondpreise rufe ich keine auf.
Meine Konditionen sind über meine Website oder seit Kurzem auch über MALT leicht erfahrbar. Gerne schnüre ich Pauschalpakete, denen letztendlich natürlich mein Stundensatz und eine Zeiteinschätzung zugrunde liegen. Immer öfter aber führt ein mit Liebe und Mühe sorgfältig kalkuliertes Angebot zu einer dieser drei Reaktionen:
- Ghosting: Ich sende zeitnah ein professionelles Angebot und erhalte keinerlei Reaktion.
- Oft erst auf Nachfrage, also nach Punkt eins – mitunter auch direkt, erfolgt eine Absage mit empörtem Unterton bezüglich meiner Kostenaufstellung.
- Als Antwort stellt der mögliche Auftraggeber meinen Preis infrage und denkt das Texter-Honorar ist verhandelbar. Alternativ erhalte ich ein Gegenangebot, dass oftmals höchstens die Hälfte meiner Kalkulation beträgt.
Mein Texter-Honorar ist verhandelbar? Nein, die Leistung ist verhandelbar!
Dem Unternehmen ist der Preis zu hoch. Ich bin gerne bereit darüber zu sprechen. Dies heißt aber nicht, dass ich die gleiche Leistung zu einem weitaus günstigeren Preis anbiete. In er Chanel-Boutique erhalten Sie die Handtasche auch nicht zum halben Preis, weil dies genau Ihr Budget wäre. Eine Alternative ist hier eine kleinere Tasche oder vielleicht ein anderes Modell.
Mein Texter-Honorar ist verhandelbar!
Ja, das ist es. Gerne zeige ich Möglichkeiten auf, wie wir für ein begrenztes Budget doch noch zusammenkommen. Kunden sind in der Lage, den Preis zu dezimieren, in dem sie z. B.:
- Eigenleistung einbringen
- oder mit einem geringeren Umfang starten, der ausbaufähig ist.
- Ein Rahmenvertrag ist ebenfalls eine Möglichkeit, im gesamten weniger zu zahlen. Garantiert mir ein Auftrag eine regelmäßige Auslastung, bin ich bereit, hierfür besondere Konditionen anzubieten.
Seriöse Kalkulation oder Fantasiepreis?
Meine im Angebot angegeben Honorare sind seriös und mit viel Aufwand kalkuliert. Wie also erwartet ein möglicher Kunde, dass ich einfach lapidar auf den halben Preis zurückrudere? Ein solches Verhalten bedeutet dann wohl, dass ich versuchsweise Mondpreise aufrufe, frei nach dem Motto, mal sehen, ob das durchgeht. So ist es aber nicht und daher biete ich gerne eine Einigung nach den oben genannten Kriterien an.
3 gute Gründe gegen das Einknicken beim Texter-Honorar
- Wertigkeit: Mein Honorar beschreibt meinen Wert. Ist meine Leistung nur die Hälfte wert, weil der Kunde nicht genug zahlen kann oder will?
- Glaubwürdigkeit: Mein Angebot ist eine ernst zu nehmende Kalkulation. Es beruht auf einem seriösen Stundensatz wie auch der Leistungsdefinition gemäß der Ausschreibung.
- Anpassungsfähigkeit: Gerne passe ich meine Leistung an das Budget eines Kunden an, soweit dies machbar erscheint und Sinn ergibt. Weniger wert ist meine Leistung deswegen aber nicht.
Leistungserschleichung durch Anfrage?
Kostenlose Probetexte biete ich nicht. Bei Kollegen habe ich beobachtet, dass zunehmend aufwendige Bewerberprojekte sogar bei Ausschreibungen für Festanstellungen gefragt sind. Hier erwarten manche (angebliche) Arbeitgeber ganze Broschürentexte oder Konzepte als Teil der Bewerbung. Betreiben hier Unternehmen Job-Ghosting und verschaffen sich so kostenlosen Content?
Das Preis-Leistungsprinzip
Ich bin durchaus in der Lage, einem potenziellen Auftraggeber einen Preis zu nennen, der seinem Budget entspricht. Hier zu passe ich das Leistungspaket entsprechend an, nicht aber meine grundsätzlichen Konditionen. Mitunter tut es ja auch eine kleinere Handtasche oder eine weniger luxuriöse Badewanne. Niemand verlangt vom Handwerker das Luxusbad zum Standardpreis, denkt jedoch, ein Texter-Honorar ist verhandelbar. Warum?
Wie sieht hier die Erfahrung anderer Freelancer aus? Wer hat noch das Gefühl, dass Angebote weniger Akzeptanz als früher erfahren und die Ghosting-Rate deutlich steigt?